Mit der Wirtschaft verwoben
Fünf Organisationen unterstützen den Bremer Stiftungspreis.
Handelskammer, Handwerkskammer, Unternehmensverbände, Wirtschaftsförderer – sie rufen gemeinsam mit dem Stiftungshaus den Bremer Stiftungspreis ins Leben.
Im Land Bremen gibt es eine lange Tradition des Gebens. Seit Generationen wird Kapital in soziale, kulturelle und ökologische Projekte gegeben. Bremen und Bürgersinn – das passt. Im Alphabet, als Identitätsmerkmal, zur ganzen bremischen Geschichte.
Im Laufe der Jahrhunderte waren es immer wieder außergewöhnliche, vermögende und heimatverbundene Menschen, die ihrem Gemeinwesen etwas Gutes taten. Ob Bürgerpark oder Kunsthalle, Böttcherstraße oder Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe und vieles mehr – sie sind Aktionsfelder für bremischen Bürgersinn.
Den Anfang machte das karikative Engagement im Mittelalter. Die vermutlich älteste soziale Einrichtung Bremens, um 1305 gegründet, ist das St.-Remberti-Stift. Ursprünglich diente es als Lepra-Hospital, später dann als Armenhaus und Altenheim. Heute ist es eine Altenwohnanlage mit angegliedertem Pflegeheim.
1536 wurde die Stiftung St. Petri-Witwenhaus und 1545 das Haus Seefahrt gegründet, eine Stiftung zur Fürsorge alter seemännischer Mitglieder und deren Ehefrauen, Witwen und Waisen. Es richtet seit bald 500 Jahren die weltberühmte Schaffermahlzeit aus, dessen Spendenerlös für die wohltätige Einrichtung verwendet wird.
Viele begüterte Bremer Bürger, mit Handel und Schifffahrt reich geworden, fühlten sich stets verpflichtet, die Gesellschaft an ihrem ökonomischen Erfolg teilhaben zu lassen. Diese »philanthropische Energie«, von der der Publizist Matthias Wegner spricht, ist ebenso ein unverbrüchlicher der Teil der hanseatischen Identität wie Weltoffenheit und Traditionsliebe. Sie findet ihren Ausdruck in den vielen, streng ritualisierten Kaufmannsfesten – wie Schaffermahlzeit, Eiswettfest und mehr.
»Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit gingen die Spenden durchweg an Armen- und Waisenhäuser, an Kirchen und an den Bau der Stadtmauer«, so der Historiker Herbert Schwarzwälder. Es war die Zeit, in der der „Ehrbare Kaufmann“ und mit ihm die hanseatische, wertorientierte Kaufmannstradition Gestalt annahmen. Dieses Leitbild vom verantwortungsbewussten unternehmerischen Handeln wirkt bis in die heutige Zeit hinein.
Zunächst brach im 19. Jahrhundert die große Ära der Kulturmäzene an, namentlich etwa die Brüder Franz und Carl Schütte oder Leopold Biermann. »Neben wohltätigen Einrichtungen waren es Grünanlagen, Kirchen, Denkmäler und Museen, auf die ein reicher Geldsegen niederging«, heißt es bei Schwarzwälder.
Eine bürgerschaftliche Initiative der besonderen Art ist der Bürgerpark, eine 200 Hektar große gartenkünstlerische Schöpfung des 19. Jahrhunderts. Schon der Namen drückt das bürgerschaftliche Selbstverständnis aus. Seit seiner Entstehung im Jahr 1866 wird der Landschaftspark fast ausschließlich privat finanziert.
Der Kaufmann Hermann Holler war der erste »Bauherr« dieses Denkmals, Generationen von Bremer Bürgerinnen und Bürgern haben Geld und Skulpturen, Brücken und Bänke, Brunnen und Bäume gespendet. Bis heute wird der Bürgerpark nebst Stadtwald ohne staatliche Gelder vom Bürgerparkverein mit seinen mehr als 2.600 Mitgliedern unterhalten. Das ist einzigartig in Deutschland.
Eine echte Bürgerbewegung für Kultur stellt der Kunstverein in Bremen dar: Mit mehr als 10.000 Mitgliedern ist er der mit Abstand mitgliedsstärkste Kunstverein in Deutschland. 1823 gegründet ist noch heute privater Träger der Kunsthalle Bremen. Großzügige Stiftungen, private Spenden und Vermächtnisse sowie Zuwendungen der Stadt Bremen bilden die Basis der 1849 errichteten Kunsthalle.
Dass dieses kulturelle Juwel der Stadt vor mehr als einem Jahrzehnt umfassend modernisiert und erweitert werden konnte, ist vor allem der Zehn-Millionen-Euro-Spende der Unternehmerfamilien Friedrich Lürßen und Peter Lürßen sowie der Karin und Uwe Hollweg Stiftung zu danken. Das Handelsblatt setzte sie damit 2012 auf Platz 5 seiner Liste der spendabelsten deutschen. Der frühere Kulturstaatsminister Bernd Neumann sprach von »einem der bundesweit prominentesten und am besten funktionierenden Beispiele für eine seit mehr als 100 Jahren ungebrochene Tradition bürgerlicher Verantwortung«.
In der Fördersparte Bildung hat ein in Bremen geborener Unternehmer ein aufsehenerregendes Zeichen gesetzt. Der Kaffeekönig und Industrielle Klaus Jacobs – er gründete 1988 in der Schweiz die Jacobs Foundation – setzte 2006 seine Unterschrift unter eine 200-Millionen-Euro-Investition in die private International University in Bremen (heute Constructor University).
Es war die bis dahin europaweit größte private Spende, die je an eine Universität geflossen ist. Darüber hinaus ist das akademische Bremen – vor allem mit der Universität Bremen – mit Stiftungen, Stiftungsprofessuren, Stipendien und mehr besonderes Ziel unternehmerischen Engagements. So hat beispielsweise der Unternehmer Conrad Naber als großer Förderer von Wissenschaft, aber auch von Kunst und Kultur, als Stifter und Spiritus Rector des Stiftungshauses Bremen Zeichen gesetzt.
Ein anderes bemerkenswertes Exempel statuiert eine gut 100 Meter lange, enge Gasse, die Marktplatz und Weser verbindet: die Böttcherstraße. Es ist ein »Gesamtkunstwerk«, das den Träumen, Ideen und Visionen des Ludwig Roselius entsprang. Der Kaffeekaufmann und Schöpfer der Marke HAG hat hier sein Kunstkonzept in Architektur umgesetzt und Kunst mit Kunsthandwerk verknüpft. Heute zieht es jeden Besucher der Hansestadt in die Böttcherstraße, ein Ensemble aus Museen, Kunstwerkstätten, Gastronomie, Hotel und Einzelhandel.
Städtebauliche Verantwortung übernahm später die Sparkasse Bremen, sie rettete die Böttcherstraße 1988 vor dem drohenden Ausverkauf und stellte bis 1999 den originalgetreuen Vorkriegszustand weitestgehend wieder her. Seit 2003 gehört die Böttcherstraße der Stiftung Bremer Sparer-Dank. Die Museen Böttcherstraße Stiftungs-GmbH wiederum ist seit 2020 Trägerin der Museen Böttcherstraße: Paula Modersohn-Becker Museum Ludwig Roselius Museum, Sammlung Bernhard Hoetger.
Heute gibt es im Land Bremen gut 350 Stiftungen – fast 150 mehr als zu Beginn des Jahrhunderts.
Die Sparkasse Bremen hält an der Gemeinnützigkeit als Geschäftsprinzip fest, über alle Wechselfälle ihrer Geschichte hinweg. Eine Gruppe wohlhabender Bremer »Actionisten« hatte Anfang des 19. Jahrhunderts die »Spar-Casse« ins Leben gerufen, um soziale Not zu lindern. Aus dieser »Bürgerinitiative« des Jahres 1825 ist eine der größten Sparkassen Deutschlands geworden. Sie vergibt jährlich mehrere Millionen Euro an gemeinnützige Initiativen, Projekte und Vereine, um die Lebensqualität in Bremen zu stärken.
Text: Christine Backhaus
Fotos: WfB/Carina Tank, Universität Bremen, Senatskanzlei Bremen
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Dr. Felix Kroschke | Kroschke Kinderstiftung über die Rolle des Stifters